Nach einem Vierteljahrhundert zäher Verhandlungen wurde am 6. Dezember 2024 das Mercosur-Abkommen zwischen der Europäischen Union und den südamerikanischen Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay) beschlossen. Ein historisches Handelsabkommen, das auf den ersten Blick Zölle senkt, Märkte öffnet und den globalen Handel fördert. Doch für die Landwirtschaft in Europa – insbesondere für die deutschen Bauern – bringt es gewaltige Herausforderungen mit sich: günstige Importe, verschärfter Wettbewerb und ungleiche Produktionsstandards.
Doch jede Herausforderung birgt auch eine Chance. Das Mercosur-Abkommen könnte ein Katalysator sein, um die europäische Landwirtschaft neu zu denken: hin zu mehr Regionalität, nachhaltigen Strukturen, Direktvermarktung und unternehmerischem Handeln.
Was regelt das Mercosur-Abkommen?
Das Ziel des Abkommens ist es, Zölle und Handelshemmnisse zwischen den beteiligten Ländern abzubauen.
Für die Mercosur-Staaten:
- Erleichterter Zugang zum EU-Markt, insbesondere für Agrarprodukte wie Rind- und Geflügelfleisch, Soja, Zucker und Ethanol.
- Exportvorteile für Länder, deren Wirtschaft stark von der Landwirtschaft abhängt.
Für die EU:
- Mehr Exportmöglichkeiten für Maschinen, Autos, Arzneimittel und Chemikalien.
- Zugang zu günstigen Lebensmitteln und Rohstoffen aus Südamerika.
Doch hinter diesen scheinbaren Win-win-Versprechen verbergen sich massive Spannungen: Umweltstandards, soziale Gerechtigkeit und die Zukunft der europäischen Landwirtschaft stehen auf dem Prüfstand.
Herausforderungen für die deutschen Bauern
Marie Hoffmann, stellvertretend für die deutschen Landwirte, fasst die Sorgen treffend zusammen: „Das Mercosur-Abkommen ist ein Schlag ins Gesicht für Landwirtschaft und Umweltschutz.“ Warum diese scharfe Kritik?
1. Ungleiche Produktionsstandards
Europäische Landwirte unterliegen strengen Umwelt- und Tierschutzauflagen. Dies betrifft alles – von Fruchtwechsel und Bodengesundheit bis hin zu Tierwohl und Rückverfolgbarkeit. In den Mercosur-Ländern gelten solche Standards oft nicht in vergleichbarem Maße.
Beispielsweise wird in Brasilien Soja häufig in Monokulturen ohne Fruchtwechsel angebaut, mit hohem Pestizideinsatz. Gleichzeitig entstehen riesige Feedlots für die Rinderhaltung, oft ohne Rücksicht auf die ökologischen Folgen.
2. Preisdruck durch günstige Importe
Die Produktionskosten in Südamerika sind deutlich niedriger, was sich in günstigeren Preisen für Fleisch, Zucker und Ethanol widerspiegelt. Europäische Bauern können oft nicht mit diesen Preisen konkurrieren, insbesondere wenn Supermärkte auf die billigsten Angebote setzen.
3. Umweltschäden durch globalisierte Landwirtschaft
Das Abkommen könnte die Abholzung des Regenwaldes in Südamerika beschleunigen, da mehr Fläche für den Soja- und Fleischexport benötigt wird. Dies steht in direktem Widerspruch zu den globalen Klimazielen und dem Schutz der Biodiversität.
4. Der Verlust kleiner Betriebe
Kleine Familienbetriebe in Deutschland stehen vor der existenziellen Frage, wie sie im Wettbewerb mit globalen Agrargiganten bestehen können. Viele könnten gezwungen sein, aufzugeben.
Die Perspektive der Mercosur-Landwirte
Marcos Lübke, Landwirt aus Mato Grosso, Brasilien, und uns persönlich bekannt, schildert im Gegensatz dazu eine andere Sichtweise. Für ihn bietet das Abkommen enorme Chancen für die südamerikanische Landwirtschaft:
Neue Märkte: Der Zugang zur EU ermöglicht es brasilianischen Landwirten, ihre Produkte zu höheren Preisen zu verkaufen und so ihren Lebensstandard zu verbessern.
Nachhaltige Fortschritte: Viele Betriebe in Brasilien haben in den letzten Jahren begonnen, nachhaltigere Praktiken einzuführen, und sehen im Abkommen Anreize, sich weiter an europäische Standards anzupassen.
Wettbewerbsfähigkeit: Dank günstiger Bedingungen und modernster Technologien können südamerikanische Landwirte qualitativ hochwertige Produkte zu niedrigeren Preisen anbieten.
Diese Perspektive zeigt: Auch in den Mercosur-Staaten gibt es Fortschritte. Doch die Frage bleibt, ob diese schnell genug erfolgen, um Umweltschäden zu minimieren und den europäischen Standards wirklich gerecht zu werden.
Das Mercosur-Abkommen: Risiko oder Weckruf für die deutsche Landwirtschaft?
Das Abkommen stellt deutsche Landwirte zweifellos vor große Herausforderungen. Doch es wäre falsch, es nur als Bedrohung zu sehen. Vielmehr könnte es ein Weckruf sein, um die Landwirtschaft in Europa grundlegend zu transformieren.
1. Regionalität als Antwort auf den globalen Wettbewerb
Die Nachfrage nach regionalen Produkten wächst – nicht zuletzt, weil viele Verbraucher die ökologischen und sozialen Auswirkungen globaler Handelsketten kritischer sehen. Bauern, die sich auf regionale Vermarktung konzentrieren, können sich diesem Preisdruck teilweise entziehen.
2. Direktvermarktung als Erfolgsmodell
Hofläden, Wochenmärkte, Abo-Kisten und Online-Plattformen bieten Landwirten die Möglichkeit, ihre Produkte direkt an die Verbraucher zu verkaufen. Dadurch entsteht eine engere Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten – und Bauern können höhere Margen erzielen.
3. Qualität statt Masse
Europäische Landwirte haben die Chance, sich durch Qualität, Nachhaltigkeit und Transparenz von der globalen Konkurrenz abzuheben. Geografische Angaben wie „Schwarzwälder Schinken“ oder „Allgäuer Bergkäse“ zeigen, wie regionale Spezialitäten weltweit geschätzt werden können.
4. Unternehmertum und Innovation
Landwirte werden zunehmend zu Unternehmern. Der Einsatz digitaler Technologien, die Einführung neuer Geschäftsmodelle und die Diversifikation der Einkommensquellen (z. B. Agrotourismus, Weiterverarbeitung und Veredelung der eigenen Rohware, Direktvermarktung) bieten Chancen, unabhängiger und wirtschaftlich stabiler zu werden.
How to Hochkultur: Landwirtschaft neu denken
Das Mercosur-Abkommen zeigt uns, dass die Abhängigkeit von globalen Märkten und politischen Deals nicht die Lösung sein kann. Stattdessen müssen wir in resilientere, regionalere und nachhaltigere Strukturen investieren.
Wie Hochkultur die Landwirtschaft stärken kann:
Unabhängige Finanzierung: Initiativen wie der Bitcoin Bodenfruchtbarkeits Investmentfonds (BBFF) schaffen Alternativen zu staatlichen Subventionen und fördern nachhaltige Landwirtschaft.
Netzwerke und Kooperationen: Landwirte können durch Zusammenarbeit in regionalen Netzwerken Synergien nutzen und ihre Vermarktungskraft stärken.
Bildung und Unternehmertum: Schulungen und Austauschprogramme könnten Landwirten helfen, unternehmerisches Denken zu entwickeln und innovative Lösungen umzusetzen.
Fazit: Eine Landwirtschaft der Zukunft gestalten
Das Mercosur-Abkommen ist für die deutschen Landwirte eine enorme Herausforderung, aber auch eine Chance, den notwendigen Strukturwandel in der Landwirtschaft voranzutreiben. Wer sich auf Qualität, Regionalität und unternehmerisches Handeln konzentriert, kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.
Es ist Zeit, die Landwirtschaft der Zukunft aktiv zu gestalten – unabhängig, nachhaltig und resilient. Denn nur wer sich den Herausforderungen stellt, kann die Chancen nutzen, die sich aus ihnen ergeben.
Die Zukunft gehört den Mutigen.